Warum wirkt Outdoor Training? Handlungsorientierung in der Weiterbildung
Handlungsorientierte Methoden sind wirksame Unterstützer im Seminarbetrieb und nicht mehr wegzudenken, ob in Rollenspielen oder bei Outdoor-Übungen, oder in reinen Outdoor Trainings.
Ursprünglich aus der Erlebnispädagogik für Jugendliche gekommen, wurden Mitte der achtziger Jahre erstmalig Führungskräfte mit erlebnispädagogischen Seminaranteilen konfrontiert. Seither kommt immer wieder die Frage auf, was bringt das alles denn, außer Spaß und Freude, mit Kollegen etwas zu tun, anstatt ordentlich im Seminarraum zu sitzen, der Power Point Präsentation zu lauschen und sich Notizen zu machen?
Rechts- und linkshemisphärisch: Zwei grundverschiedene Prozesse der Informationsverarbeitung
Neuere Erkenntnisse der menschlichen Informationsverarbeitung gehen davon aus, dass in uns Menschen zwei grundlegend unterschiedliche Informationsverarbeitungsprozesse aktiv sind.Es handelt sich um digitale und analoge Verarbeitungsmuster.
Die digitalen linkshemisphärischen Verhaltensmuster sind für den linearen, strukturierten und verbal kommunizierbaren Informationsverarbeitungsfluss verantwortlich. Vorteil der digitalen Prozesse ist, dass wir uns selbst und unserer Welt eine Ordnung verleihen können. Nachteil der digitalen Prozesse ist, dass sie linear und sehr langsam ablaufen. Wir können mit dieser Art der Informationsverarbeitung nicht annähernd die Differenziertheit der Welt begreifen.
Die analog rechtshemisphärischen Prozesse sind für den globalen, unstrukturierten, intuitiven Informationsverarbeitungsfluss zuständig. Hier sitzt der chaotische, kreative und spontane Typ in uns. Vorteil der analogen Prozesse ist, dass wir unsere momentane Welt blitzschnell und ganzheitlich abbilden können. Nachteil der analogen Prozesse ist, dass sie diffus und schwer kommunizierbar sind.
Intensive Outdoorerfahrungen aktivieren in stärkerem Maße rechtshemisphärische analoge Muster, als dies sonst im alltäglichen Leben der Fall ist.
Dies ist für neue und effektive Lernprozesse von zentraler Bedeutung, da im analogen Bereich intensive Emotionen freigesetzt werden. Diese Emotionen sind mit internalen Motivationsprozessen gekoppelt, starke Emotionen wirken sich ebenfalls positiv auf die Abspeicherung von neuen Erfahrungen aus. Analoge Informationsverarbeitung läuft simultan ab.Die menschliche Datenverarbeitung läuft hier exponentiell ab: „das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“.
Das ist der zentrale Nutzen des Outdoor Trainings.
Die analoge Informationsverarbeitung ermöglicht durch ihren emotional hochbeladenen Modus eine vielfältige Neu- und Umbildung kognitiver emotionaler Schemata.
Ein Beispiel: Ein Teilnehmer macht mit verbundenen Augen einen Blindspaziergang, mit einem Partner, der ihn führt. Dabei lernt er, wie schwer es ihm fällt, Vertrauen aufzubauen bzw. die Kontrolle abzugeben – oder aber auch, wie angenehm es sein kann, dem Anderen zu vertrauen und die Kontrolle an ihn abzugeben, wenn er sich sicher fühlt. Er macht also emotional andere Erfahrungen.
Ohne Links geht’s nicht
Damit er diese neuen Erfahrungen hinterher bewusst nutzen kann, kommt direkt nach der Outdoorübung wieder der digitale, linkshemisphärische Prozess zum Zug: In Reflexionsrunden unmittelbar nach den Outdooraktivitäten wird das im analogen Szenario Aktivierte in eine digitale, kommunizierbare Form gebracht. So kann der Teilnehmer es auf andere Situationen übertragen und dort für sich nutzen. Speziell ausgearbeitete Reflexionen, die den entsprechenden Situationen angepasst sind, gehören deshalb genauso zu einer guten Outdoor-Übung wie die Aktivität selbst. Und dauern in der Regel mindestens genauso lang – oft sogar länger – als die eigentliche Aktion.
Das Wissen um das Wie der Wirksamkeit von handlungsorientierten Methoden, kombiniert mit den klassischen Kommunikations- oder Führungskräftetrainings, schafft im praktischen Trainingsalltag viele zusätzliche Möglichkeiten, den Trainings-Output zu erhöhen. Ausgewählte Aktivitäten können das kognitiv Erlernte an praktischen Beispielen erfahrbar machen. Lernprozesse werden durch Handlungen unterstützt.
Durch die intensiven Übungen werden Themen emotional vertieft. Da die Teilnehmer aktiv miteinander in Kontakt stehen, werden gruppendynamische Prozesse in Gang gesetzt, und die bestehende Interaktion sichtbar gemacht. So erhalten Teams einen neuen Blick auf ihre Zusammenarbeit:
Sie erkennen, wo sie Verbesserungsbedarf haben
Entsprechend der Zielorientierung liegt ein erfolgreiches Arbeiten mit solchen Übungen in der Synergie der drei Kernelemente: Auswahl der Aktion, Reflexion des Abgelaufenen und Transfer zur Zielsetzung des Seminars bzw. zum beruflichen Alltag.